Coronavirus hindert die Autophagie – Intervallfasten fördert sie

Frau mit Mundschutz

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Intervallfasten ist dafür bekannt, die Autophagie zu stimulieren. Interessanterweise kann Coronavirus (COVID 19) diesen Prozess.

Eine Infektion mit dem aktuellen Coronavirus (COVID-19) blockiert den lebenswichtigen Prozess der Autophagie. Darüber berichtete der Virologe Prof. Drosten von der Charité in Berlin im NDR Podcast mit dem Corona-Virus Update #36.​1​

Interessanterweise wird Autophagie durch Intervallfasten stimuliert. Inwiefern ist das für eine Infektion mit dem Coronavirus relevant? Bevor wir darauf eingehen, lass uns erst einmal klären, was Autophagie überhaupt ist.

Was ist Autophagie?

Bei Autophagie handelt es sich um einen lebenswichtigen Recyclingprozess. Moleküle, wie zum Beispiel Proteine, haben im Körper nur eine begrenzte Lebensdauer und müssen daher regelmäßig ersetzt werden.

Um neue Moleküle herzustellen, benötigt die Zelle Bausteine. Diese Bausteine können entweder aus der Nahrung stammen, oder aus alten Molekülen, die recycelt werden. Die Zelle baut jedoch nicht nur körpereigene Moleküle ab, sondern auch Bestandteile von Krankheitserregern, wie Viren. Bei diesem Recyclingprozess handelt es sich um Autophagie.

Du kannst Dir Autophagie wie eine Art Frühjahrputz vorstellen. Du wirst alten Ballast los und mistest einmal so richtig aus. Dies fördert Regenerationsprozesse und ist daher für die Funktion des menschlichen Körpers essenziell.

Wenn jedoch ständig neue Bausteine aus der Nahrung zur Verfügung stehen, werden alte Moleküle nicht recycelt. Essen unterdrückt also die Autophagie. Fasten wiederum fördert sie. Dies ist ein Grund, warum ständiges Essen nicht gesund ist, und längere Essenspausen wiederum so gesundheitsförderlich sind.

Eine Coronavirus-Infektion verhindert die Autophagie

In aktuellen Forschungsarbeiten der Charité Berlin haben Wissenschaftler herausgefunden, dass eine Infektion mit dem aktuellen Coronavirus (COVID-19) den Prozess der Autophagie stört.​2​ Dies trifft übrigens auch auf andere Coronaviren zu, wie zum Beispiel das Virus, das 2012 eine Welle des Middle East Respiratory Syndrome (MERS) auslöst hat.​3​

Dabei handelt es sich um einen Abwehrmechanismus des Virus. Indem das Coronavirus die Autophagie hemmt, entgeht es dem Abbau und kann sich leichter vermehren.

Stimulation der Autophagie als Therapieansatz bei Coronavirus

Wenn Coronavirus die Autophagie hemmt, ist im Umkehrschluss die Wiederherstellung der Autophagie ein sinnvoller Therapieansatz.​4​

Folgende Wirkstoffkandidaten kommen dabei infrage:​2​

Niclosamid – das Bandwurmmittel

Ein vielversprechender Kandidat ist Niclosamid, wobei es sich um ein Bandwurmmittel handelt.​5​ Ein großer Vorteil dieses Medikaments ist, dass es schon seit vielen Jahren verwendet wird.

Tabletten, die aus einer Dose fallen.
Bild von Steve Buissinne bei Pixabay

Daher weiß man, dass es sicher ist. Außerdem hat man Erfahrung mit der Dosierung. Man weiß auch, dass die Dosis, in der das Mittel normalerweise verwendet wird, zu einem Serumlevel führt, das ausreichend ist, um die Autophagie anzuregen.

Spermidin – der lebensverlängernde Wirkstoff

Spermidin bekommt in den Medien zur Zeit viel Aufmerksamkeit, da es lebensverlängernd wirken soll. Und dies ist darauf zurückzuführen, dass Spermidin Autophagie induziert. Der Körper kann Spermidin zwar auch selbst herstellen, die Produktion lässt jedoch mit dem Alter nach.​6​

Spermidin ist in einigen Lebensmitteln in größeren Mengen vorhanden. Außerdem findet Spermidin als Nahrungsergänzungsmittel Anwendung.

Da Spermidin die Autophagie stimuliert, könnte es also auch bei einer Infektion mit dem Coronavirus hilfreich sein.

Das Problem: die Behandlung muss kurz nach Infektion beginnen

Ein Problem bei der medikamentösen Behandlung im Falle eine Coronavirusinfektion ist, dass sie möglichst kurz nach der Infektion gestartet werden muss. Da viele Personen für relativ lange Zeit nach der Infektion keine Symptome zeigen, ist es für viele Behandlungsansätze dann bereits zu spät.

Intervallfasten zur vorbeugenden Stimulation der Autophagie?

Ähnlich wie mit Medikamenten kann die Autophagie auch mit Intervallfasten stimuliert werden.​7​​8​​9​ Hierbei handelt es sich um einen natürlichen Stimulator des Prozesses. Denn längere Essenspausen waren bis vor wenigen Jahrzehnten in der Menschheitsgeschichte eher die Regel als die Ausnahme.

Da es sich beim Intervallfasten um einen natürlichen, gesunden Essensrhythmus handelt, könnte diese Art des Essens auch vorbeugend wirksam sein. Die Frage ist also, ob sich Intervallfasten vor einer Infektion mit dem Coronavirus positiv auf den Infektionsverlauf auswirkt.

Dies wäre ein entscheidender Vorteil gegenüber Medikamenten, die nicht vorbeugend verabreicht werden können.

Intervallfasten: Wirksamkeit ungewiss, aber ohne Risiko

Ob Intervallfasten im Falle einer Infektion mit dem Coronavirus schützend wirkt, ist natürlich reine Spekulation und völlig ungewiss. Selbst der medikamentöse Therapieansatz zur Stimulation der Autophagie ist noch nicht ausreichend erforscht, um sagen zu können, ob er den Verlauf einer Infektion positiv beeinflussen würde.

Andererseits haben längere Essenspausen eine lange Tradition in der Menschheitsgeschichte. Solange keine Vorerkrankungen wie z. B. Diabetes vorliegen, ist Intervallfasten also sehr sicher und verursacht keine Nebenwirkungen.

Intervallfasten hat viele positive Effekte auf die Gesundheit

Davon abgesehen, dass Intervallfasten sicher ist, hat es auch sehr viele positive Effekte auf den Körper:

  • Intervallfasten hilft vielen Menschen ohne Hungern, ein gesundes Körpergewicht zu erreichen.​10​​11​
  • Dabei senkt Intervallfasten Risikofaktoren für Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheiten, wie zum Beispiel Bluthochdruck und Blutfettwerte.​11​
  • Gleichzeitig gelten Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht als die größten Risikofaktoren für einen schweren Verlauf einer Coronavirus-Infektion.​12​ Laut eines Kommentars in der renommierten Fachzeitschrift Nature Reviews Endocrinology haben Personen mit Diabetes oder metabolischem Syndrom (eine Vorstufe von Diabetes) ein zehnfach erhöhtes Risiko an COVID-19 zu sterben.​13​
  • Unabhängig von Coronavirus stellt Autophagie einen sehr wichtigen Regenerationsprozess dar. Da moderne Essgewohnheiten den Prozess der Autophagie unterdrücken, bietet eine Stimulation dieses Prozesses viele Vorteile für die Gesundheit.

Quellen

  1. 1.
    NDR I. Das Coronavirus-Update mit Christian Drosten. NDR Info. Published April 2020. Accessed April 2020. https://www.ndr.de/nachrichten/info/podcast4684.html
  2. 2.
    Gassen NC, Papies J, Bajaj T, et al. Analysis of SARS-CoV-2-controlled autophagy reveals spermidine, MK-2206, and niclosamide as putative antiviral therapeutics. Published online April 15, 2020. doi:10.1101/2020.04.15.997254
  3. 3.
    Gassen NC, Niemeyer D, Muth D, et al. SKP2 attenuates autophagy through Beclin1-ubiquitination and its inhibition reduces MERS-Coronavirus infection. Nat Commun. Published online December 2019. doi:10.1038/s41467-019-13659-4
  4. 4.
    Yang N, Shen H-M. Targeting the Endocytic Pathway and Autophagy Process as a Novel Therapeutic Strategy in COVID-19. Int J Biol Sci. Published online 2020:1724-1731. doi:10.7150/ijbs.45498
  5. 5.
    Newton PT. New insights into niclosamide action: autophagy activation in colorectal cancer. Biochemical Journal. Published online March 6, 2019:779-781. doi:10.1042/bcj20190020
  6. 6.
    Madeo F, Bauer MA, Carmona-Gutierrez D, Kroemer G. Spermidine: a physiological autophagy inducer acting as an anti-aging vitamin in humans? Autophagy. Published online October 11, 2018:165-168. doi:10.1080/15548627.2018.1530929
  7. 7.
    Alirezaei M, Kemball CC, Flynn CT, Wood MR, Whitton JL, Kiosses WB. Short-term fasting induces profound neuronal autophagy. Autophagy. Published online August 16, 2010:702-710. doi:10.4161/auto.6.6.12376
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    Bornstein SR, Dalan R, Hopkins D, Mingrone G, Boehm BO. Endocrine and metabolic link to coronavirus infection. Nat Rev Endocrinol. Published online April 2, 2020. doi:10.1038/s41574-020-0353-9

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Dr. Sarah Neidler

Sarah ist promovierte Biologin und Gründerin von Clever essen. Dort zeigt sie ihren Lesern, wie sie mit Intervallfasten ihr Wunschgewicht erreichen und gesundheitliche Probleme in Angriff nehmen können. In ihrer Freizeit kocht und liest sie gerne und macht Yoga.

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