Seit einigen Jahrzehnten gelten viele kleine Mahlzeiten als gesünder als wenige große. Sie sollen uns nicht nur helfen, Gewicht zu reduzieren. Auch bei Diabetes werden kleine Mahlzeiten empfohlen, da sich so der Blutzucker angeblich besser regulieren lässt.
Andererseits zeigen viele Intervallfastenstudien, dass längere Essenspausen für Diabetiker von Vorteil sind.1–4 Blutzucker- und Blutfettwerte verbessern sich meist innerhalb weniger Wochen. Selbst für gesunde Personen wirkt sich Intervallfasten positiv aus. Denn bei ihnen nehmen Risikomarker für Diabetes ab.
Fasten klingt immer etwas abschreckend, gerade bei Diabetes. Eine aktuelle Studie hat nun untersucht, ob es auch ohne Intervallfasten geht.5
Im folgenden Infokasten kannst Du die Details der Studie nachlesen. Falls Dich der genaue Aufbau der Studie nicht interessiert, kannst Du weiter unten weiterlesen.
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Studie: drei Mahlzeiten anstatt sechs
Die Studie umfasste 34 Teilnehmer mit Diabetes Typ 2 (sogenanntes Altersdiabetes), die zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt wurden. Beide Gruppen haben gleich viele Kalorien zu sich genommen. Auch die Verteilung von Kohlenhydraten, Fett und Protein (Eiweiß) war in beiden Gruppen identisch. Beide Gruppen haben vor 9:30 Uhr gefrühstückt, zwischen 12 und 15 Uhr Mittag gegessen und zwischen 18 und 20 Uhr zu Abend. Die 6-Mahlzeiten Gruppe hat zusätzlich zu den Hauptmahlzeiten drei Snacks gegessen: um 11, 17 und 22 Uhr.
In der 6-Mahlzeiten Gruppe waren Kalorien und Kohlenhydrate gleichmäßig über den Tag verteilt; die Hauptmahlzeiten enthielten im Schnitt etwas mehr als doppelt so viele Kalorien und Kohlenhydrate wie die Snacks.
In der 3-Mahlzeiten Gruppe war das Frühstück die reichhaltigste Mahlzeit: es enthielt 47% der Tageskalorien und 50% der -kohlenhydrate. Das Abendessen hingegen war leicht: es enthielt nur 13% der Kalorien und 10% der Kohlenhydrate.
Die Verteilung der Kalorien und Kohlenhydrate wurde deswegen auf die früheren Stunden des Tages gelegt, weil die Insulinsensitivität gegen Ende des Tages abnimmt. Insulin ist ein Hormon, das mit jeder Mahlzeit ausgeschüttet wird und das den Blutzucker kontrolliert. In frühen Tagesstunden reagieren Körperzellen besser auf Insulin und nehmen den Zucker aus dem Blut leichter auf, als zu späteren Tageszeiten. Aus diesem Grund sollten Diabetespatienten spät abends keine großen Mahlzeiten zu sich nehmen.
3-Mahlzeiten Gruppe 6-Mahlzeiten Gruppe Frühstück 700 kcal 50% der
tägl. KH
350 kcal 23% der
tägl. KH
Snack / 150 kcal 10% der
tägl. KH
Mittagessen 600 kcal 40% der
tägl. KH
350 kcal 23% der
tägl KH
Snack / 150 kcal 10% der
tägl. KH
Abendessen 200 kcal 10% der
tägl. KH
350 kcal 23% der
tägl. KH
Snack / 150 kcal 10% der
tägl. KH
KH: Kohlenhydrate. Tabelle erstellt mit Daten aus Jakubowicz et al. 2019.
Wie die Tabelle zeigt, verloren die Teilnehmer der 3 Mahlzeiten Gruppe innerhalb von 12 Wochen deutlich an Gewicht, und die Blutzuckerwerte verbesserten sich: sowohl der HbA1c Wert (ein Wert, der den Blutzuckerspiegel der letzten 8-12 Wochen reflektiert) und der Nüchternblutzucker sank im Verlauf der Studie deutlich ab.
Normalerweise müssen Diabetespatienten die Dosis ihre Medikamente im Laufe der Zeit immer weiter erhöhen. Die Teilnehmer in der Studie konnten jedoch die Insulindosis senken. Trotz der geringeren Dosis haben sich die Blutzuckerwerte signifikant verbessert.
3-Mahlzeiten Gruppe 6-Mahlzeiten Gruppe Gewicht – 5,4 ± 0.9 Kg + 0,3 ± 0,3 Kg HbA1c – 1,2 ± 0,2% NS Nüchternblutzucker – 55 ± 6 mg/dl – 23 ± 8 mg/dl Insulindosis – 26 ± 7 Einheiten + 4 ± 3,7 Einheiten (NS) NS: nicht signifikant. Tabelle erstellt mit Daten aus Jakubowicz et al. 2019.
Außerdem wurden die Teilnehmer nach ihren Hungergefühlen und ihrem Verlangen nach bestimmten Lebensmitteln befragt. In der 3-Mahlzeiten Gruppe ließ der Hunger im Vergleich zu vor der Studie signifikant nach. Gleichzeitig wurde auch das Verlangen nach Süßem und nach Fastfood geringer. Dies bestätigt einmal mehr, dass längere Essenspausen sehr appetitregulierend wirken.
Drei Mahlzeiten: Frühstück, Mittag- und Abendessen
In der besagten Studie haben Diabetespatienten zwar nicht gefastet, aber weniger Mahlzeiten gegessen. Was heißt weniger? Ganz einfach drei Mahlzeiten täglich: Frühstück, Mittag- und Abendessen. Diese Art des Essens galt bis vor wenigen Jahrzehnten als völlig normal. Da die 3 Mahlzeiten in einem Zeitraum von ca. 12 Stunden eingenommen wurden, kann man auch von Intervallfasten 12/12 sprechen.
Die Kontrollgruppe hat sechs Mahlzeiten gegessen. Es ist wichtig zu beachten, dass beide Gruppen gleich viel gegessen haben.
Bessere Blutzuckerwerte trotz geringerer Insulindosis
In der genannten Studie haben sich innerhalb von 12 Wochen die Blutzuckerwerte der Probanden verbessert. Am erstaunlichsten: gleichzeitig konnte die Insulindosis gesenkt werden. Insulin ist ein blutzuckersenkendes Hormon, dessen Dosis normalerweise im Laufe der Zeit immer weiter erhöht werden muss.
Du hast richtig gelesen: der Zustand von Patienten mit einer chronischen, fortschreitenden Krankheit lässt sich innerhalb kürzester Zeit verbessern, indem sie einfach drei Mahlzeiten essen anstatt sechs.
Deutliche Gewichtsabnahme
Außerdem verloren die Teilnehmer deutlich an Gewicht. Es ist seit langem bekannt, dass sich eine Gewichtsabnahme bei Diabetes positiv auswirkt. Nur leider fällt es Diabetespatienten normalerweise sehr schwer, Gewicht zu verlieren. Unter anderem ist dies auf die Behandlung zurückzuführen. Denn Diabetespatienten bekommen Insulin und Insulin senkt nicht nur den Blutzucker, sondern ist auch ein Fettspeicherhormon. Wenn Du die Dosis eines Fettspeicherhormons immer weiter erhöhst, kannst Du dir sicherlich gut vorstellen, dass damit der für die Gewichtsabnahme notwendige Fettabbau immer schwieriger wird.
Wie bereits erwähnt, konnten die Teilnehmer in der Studie die Insulindosis jedoch senken, was vermutlich auch den Gewichtsverlust erleichtert hat.
Es sieht ganz so aus, als wenn sich durch weniger Mahlzeiten der Teufelskreis einer immer weiter steigenden Insulindosis, die Übergewicht bei Diabetes begünstigt, durchbrechen lässt.
Fazit: kleine Mahlzeiten sind bei Diabetes nicht von Vorteil
Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen, was bereits in zahlreichen Intervallfastenstudien gezeigt wurde: für Diabetiker ist es nicht nur entscheidend, was und wie viel sie essen, sondern auch wann und wie lang die Abstände zwischen den Mahlzeiten sind. Entgegen der weitverbreiteten Ansicht helfen weniger, aber dafür größere Mahlzeiten auch dabei, den Hunger zu kontrollieren.6
Hier erfährst Du mehr darüber, warum Intervallfasten bei Diabetes sinnvoll ist.
Quellen
- 1.Sutton EF, Beyl R, Early KS, Cefalu WT, Ravussin E, Peterson CM. Early Time-Restricted Feeding Improves Insulin Sensitivity, Blood Pressure, and Oxidative Stress Even without Weight Loss in Men with Prediabetes. Cell Metabolism. Published online June 2018:1212-1221.e3. doi:10.1016/j.cmet.2018.04.010
- 2.Kahleova H, Belinova L, Malinska H, et al. Eating two larger meals a day (breakfast and lunch) is more effective than six smaller meals in a reduced-energy regimen for patients with type 2 diabetes: a randomised crossover study. Diabetologia. Published online May 18, 2014:1552-1560. doi:10.1007/s00125-014-3253-5
- 3.Furmli S, Elmasry R, Ramos M, Fung J. Therapeutic use of intermittent fasting for people with type 2 diabetes as an alternative to insulin. BMJ Case Reports. Published online October 9, 2018:bcr-2017-221854. doi:10.1136/bcr-2017-221854
- 4.Hutchison AT, Regmi P, Manoogian ENC, et al. Time‐Restricted Feeding Improves Glucose Tolerance in Men at Risk for Type 2 Diabetes: A Randomized Crossover Trial. Obesity. Published online April 19, 2019. doi:10.1002/oby.22449
- 5.Jakubowicz D, Landau Z, Tsameret S, et al. Reduction in Glycated Hemoglobin and Daily Insulin Dose Alongside Circadian Clock Upregulation in Patients With Type 2 Diabetes Consuming a Three-Meal Diet: A Randomized Clinical Trial. Dia Care. Published online September 23, 2019:dc191142. doi:10.2337/dc19-1142
- 6.Munsters MJM, Saris WHM. Effects of Meal Frequency on Metabolic Profiles and Substrate Partitioning in Lean Healthy Males. Hennige AM, ed. PLoS ONE. Published online June 13, 2012:e38632. doi:10.1371/journal.pone.0038632