Abnehmen im Schlaf: Darum ist Schlaf fürs Abnehmen so wichtig

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Schlafmangel verursacht Insulinresistenz und führt zu vermehrten Hungergefühlen, was die Gewichtsabnahme erschwert.

Erholsamer Schlaf und ein gesunder Schlaf-wach-Rhythmus sind für ein gesundes Körpergewicht von enormer Bedeutung.

Schlafmangel gilt offiziell als Risikofaktor für Fettleibigkeit (Adipositas).​1​ Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, sind deutlich häufiger von Übergewicht und Diabetes betroffen als Menschen mit gleichbleibenden Arbeitszeiten.​2​

Dies ist nicht verwunderlich, denn ausreichender Schlaf ist für einen ausgeglichenen Hormonhaushalt sehr wichtig. Hormone hingegen steuern den Zucker- und Fettstoffwechsel. Vor allem aber wirken sich Hormone auf den Appetit und Hungergefühle aus. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn man ohne Hunger und Kalorienzählen abnehmen möchte.

Hier erfährst du, wie mangelnder Schlaf Diätversuche zunichtemachen kann und wie ausreichender Schlaf müheloses Abnehmen erleichtern kann.

Warum ist Schlaf so wichtig?

Im Schlaf regeneriert der Körper. Deswegen ist mangelnder Schlaf ein signifikanter Risikofaktor für so ziemlich alle chronischen Erkrankungen wie z. B. Diabetes Typ 2, Krebs, Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und andere psychische Probleme.

Schlaf fördert die Hormon- und Stoffwechselgesundheit

Ausreichender Schlaf ist auch für einen ausgeglichenen Hormonhaushalt und den Energiestoffwechsel von großer Bedeutung. So hat die Schlafmenge z. B. einen großen Einfluss auf die Insulinsensitivität unserer Zellen. Insulin ist ein blutzuckersenkendes Hormon, aber es hat noch viele weitere Funktionen. Es spielt auch eine zentrale Rolle im Fettstoffwechsel. Deswegen ist der Insulinspiegel auch für die Gewichtsabnahme von Bedeutung.

Schlafmangel sorgt dafür, dass wir insulinresistent werden. Dadurch reagieren Zellen nicht mehr gut auf Insulin und es wird mehr Insulin benötigt, um den Blutzucker zu kontrollieren.

In einer Studie konnte gezeigt werden, dass schon nach einer einzelnen Nacht mit nur 4 Stunden Schlaf die Insulinsensitivität am nächsten Tag signifikant beeinträchtigt ist.​3​

Nach einer Woche mit 5 Stunden Schlaf pro Nacht ist die Insulinsensitivität im Schnitt 20 % geringer.​4​

Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Durch mehr Schlaf lässt sich die Insulinsensitivität schnell verbessern. 21 Probanden mit Diabetes, die vor Beginn der Studie weniger als 6 Stunden geschlafen haben (im Schnitt 5 Stunden 18 Minuten), waren in der Studie dazu angehalten, länger zu schlafen. Nur 8 Probanden gelang es, ihre Schlafenszeit auf über 6 Stunden nächtlich zu bringen (im Schnitt 6 Stunden 36 Minuten. Das war im Schnitt 1 Stunde 6 Minuten länger als vor der Studie. Innerhalb von 2 Wochen sank der HOMA-Index um 0,5 Punkte.​5​ Der HOMA-Index ist ein Standard-Wert zur Diagnose von Insulinresistenz.

Schlafmangel verursacht Stress

Stress ist nicht unbedingt schlecht. Es ist wichtig, akuten Stress von chronischem Stress zu unterscheiden.

Bei Stress werden Stresshormone ausgeschüttet. Diese sorgen dafür, dass Glykogen aus Muskeln und Leber in Zucker abgebaut wird. Der Körper speichert Kohlenhydrate in Form von Glykogen.

Stresshormone sorgen also dafür, dass der Blutzucker ansteigt. Dadurch wird dem Körper die Energie zur Verfügung gestellt, die er braucht, um die Stresssituation zu meistern. Die Stoffwechselrate steigt und die Leistungsfähigkeit wird gesteigert.

Historisch ging Stress meist mit hoher körperlicher Aktivität einher. Man musste zum Beispiel vor einem Raubtier flüchten. Deswegen war der erhöhte Blutzucker kein Problem. Durch die hohe Muskelaktivität wurde der Zucker schnell verbraucht.

Das Problem bei modernem Stress: Wir sind meist nicht körperlich aktiv, wenn wir gestresst sind. Im Gegenteil: Wir sitzen stundenlang im Bürostuhl und haben aufgrund des Stresses keine Zeit, aufzustehen. Der Blutzucker steigt trotzdem an, aber da die Muskeln nicht aktiv sind, nehmen sie kaum Zucker aus dem Blut auf. Zusätzlich greifen wir bei Stress auch gerne zu Snacks, die den Blutzucker noch weiter in die Höhe treiben.

Außerdem senken Stresshormone die Insulinsensitivität. Sind Stresshormone nur hin und wieder erhöht, ist das kein Problem. Chronischer Stress kann jedoch dazu führen, dass Stresshormone dauerhaft zu hoch sind, was langfristig zu Insulinresistenz führen kann. Wie Du bereits weißt, geht Insulinresistenz mit einem gestörten Fett- und Zuckerstoffwechsel einher.

Um auf das Thema Schlaf zurückzukommen: Schlafmangel sorgt dafür, dass das Stresshormon Cortisol am nächsten Tag erhöht ist.​6​ Kommt das nur hin und wieder vor, ist das natürlich kein großes Problem. Bei vielen Menschen ist Schlafmangel jedoch ein dauerhaftes Problem: Sie schlafen fast jede Nacht zu wenig. Dauerhafter Schlafmangel ist daher ein typischer Auslöser für chronischen Stress.

Dadurch kommt es auch leicht zu einem Teufelskreis: Denn Stress wirkt sich auch negativ auf den Schlaf aus.​7​

Zu wenig Schlaf steigert Hungergefühle

Wenn der Fett- und Zuckerstoffwechsel aus den Fugen geraten, wirkt sich das auch auf den Appetit und Hungergefühle aus. Das ist auch logisch: Bei einem gestörten Fettstoffwechsel durch einen zu hohen Insulinspiegel (Insulin sorgt dafür, dass Fett gespeichert wird), fällt es dem Körper sehr schwer, auf gespeichertes Fett zuzugreifen. Dadurch ist er darauf angewiesen, den Energiebedarf vollständig über die Nahrung zu decken.

Dies ist schon nach kurzer Zeit nachweisbar. In einer Studie war das Sättigungsgefühl der Probanden nach dem Essen nach 4 Nächten mit 5 Stunden Schlaf pro Nacht deutlich verringert.​8​

Vögel im Nest

Aber auch hier gibt es gute Nachrichten, wie eine Studie sehr schön zeigen konnte.

Die Teilnehmer der Studie schliefen vor Beginn weniger als 6 Stunden 30 Minuten pro Nacht. Sie waren dazu angehalten, pro Nacht 8 Stunden 30 Minuten zu schlafen.

Im Schnitt schafften es die Probanden, durchschnittlich 1 Stunde 12 Minuten länger zu schlafen. Dadurch nahmen die Probanden täglich im Schnitt 155,5 kcal weniger zu sich. Und: Je größer die Verlängerung der Schlafdauer, desto größer die Verringerung der Kalorienaufnahme!​9​

Pro Stunde Schlafverlängerung nahmen die Probanden täglich 163 kcal weniger zu sich.

Dies führte innerhalb von 2 Wochen zu durchschnittlich 0,87 kg Gewichtsverlust. Dies klingt im ersten Moment vielleicht nicht nach der großartigsten Diät. Aber Du musst bedenken, dass dies völlig automatisch geschah, einfach so. Die Probanden haben keine Kalorien gezählt oder versucht, weniger zu essen.

Die Autoren der Studie haben ausgerechnet, dass diese Veränderung im Schlafverhalten nach 3 Jahren zu einer Gewichtsabnahme von 12 kg führen würde. Vorausgesetzt natürlich, dass die verlängerte Schlafdauer beibehalten wird. Auch das klingt vielleicht nicht wahnsinnig viel, aber die meisten Menschen legen im Laufe von 3 Jahren mehrere kg zu. Oftmals trotz zahlreicher Diätversuche.

Schlaf für die Gewichtsabnahme optimieren

Falls Du zu wenig schläfst, wird Dir also eine längere Schlafdauer die Gewichtsabnahme erleichtern können. Dies ist jedoch meist leichter gesagt als getan. Schlafprobleme sind sehr weit verbreitet und viele Menschen würden gerne mehr schlafen, aber wissen nicht, wie.

Aber zunächst einmal: Wie viel Schlaf ist für die Gewichtsabnahme ideal? Das Schlafbedürfnis ist individuell, aber laut National Sleep Foundation sollten Erwachsene idealerweise 7 bis 9 Stunden pro Nacht schlafen.​10​

Mit folgenden Tipps kannst Du Deine Schlafqualität verbessern und Schlafdauer verlängern:

1.     Iss nicht zu spät zu Abend

Ein voller Magen wirkt sich negativ auf die Schlafqualität aus. Deswegen solltest Du darauf achten, dass die Mahlzeit verdaut ist, bevor Du ins Bett gehst. Als Faustregel solltest Du die letzte Mahlzeit ca. 3 Stunden vor der geplanten Schlafenszeit beendet haben.

2.     Vorsicht mit Kohlenhydraten am Abend

Die Insulinsensitivität lässt gegen Tagesende stark nach. Dadurch kann der Körper am Abend den Blutzucker nicht mehr so gut regulieren wie zu früheren Tageszeiten. Deswegen solltest Du darauf achten, dass Dein Blutzucker beim Abendessen nicht stark ansteigt. Dadurch ist der Insulinspiegel während der Nacht niedrig, was die Gewichtsabnahme erleichtert.

Versuche also, einfache Kohlenhydrate wie Brot, Nudeln, Reis und Kartoffeln am Abend zu meiden. Solltest Du große Probleme haben abzunehmen, ist die Überprüfung des Blutzuckers mittels kontinuierlicher Glukosemessung (CGM) sinnvoll.


3.     Sorge für regelmäßige Schlafenszeiten

Versuche, täglich zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen (+/- 1 Stunde). Möglichst auch am Wochenende. Dadurch kannst Du leichter einschlafen und die Schlafqualität wird verbessert.

4.     Meide Alkohol und Koffein

Sowohl Alkohol als auch Koffein wirken sich sehr negativ auf den Schlaf aus. Kaffee und andere koffeinhaltige Getränke solltest Du ab dem späten Nachmittag meiden. Alkohol am Abend hemmt den REM-Schlaf, der für die Gesundheit sehr wichtig ist.

5.     Setzte Dich natürlichem Tageslicht aus

Tagsüber rauszugehen und mit Tageslicht in Kontakt zu kommen, ist für einen gesunden Schlaf-wach-Rhythmus enorm wichtig. Insbesondere in den Morgenstunden und vormittags.

6.     Meide künstliches Licht am Abend

Umgekehrt kann zu viel Licht am Abend unseren Schlaf-wach-Rhythmus stören und das Einschlafen erschweren. Das heißt nicht, dass Du abends im Dunkeln sitzen musst. Aber Du solltest grelles Licht meiden. Insbesondere Computer, Smartphone, Fernsehen und ähnliche Geräte solltest Du mindestens 1 Stunde vor dem Schlafengehen nicht mehr nutzen.

7.     Bewege Dich ausreichend

Körperliche Aktivität kann das Einschlafen erleichtern und den Schlaf verbessern. Achte allerdings darauf, abends nicht zu spät Sport zu machen. Beim Sport werden Stresshormone ausgeschüttet, die das Einschlafen erschweren können.


8.     Sorge für eine schlaffreundliche Umgebung

Der Raum, in dem Du schläfst, sollte kühl und möglichst komplett dunkel sein. Um einzuschlafen, muss die Körpertemperatur um ca. 1 °C fallen. Eine kühle Schlaftemperatur (ca. 18 °C) kann übrigens auch die Insulinsensitivität erhöhen und die Produktion von braunem Fett ankurbeln, wodurch die Gewichtsabnahme ebenfalls erleichtert wird.​11​

9.     Stressmanagement

Falls bei Dir Stress ein großes Thema ist, wird er Deinen Schlaf höchstwahrscheinlich negativ beeinflussen. Dann solltest Du auf jeden Fall versuchen, Stress so gut wie möglich zu reduzieren. Auch Entspannungstechniken wie Meditation, Yoga und Atemtechniken können dir helfen, Stress zu reduzieren.

Fazit: Ausreichender Schlaf erleichtert das Abnehmen

Schlafmangel ist eine häufige Ursache von Gewichtsproblemen. Zu wenig Schlaf begünstigt Insulinresistenz, wodurch der Fett- und Zuckerstoffwechsel aus den Fugen geraten. Als Folge wird Fett nur sehr schwer abgebaut und Hungergefühle nehmen zu. Ausreichend zu schlafen, kann daher die Gewichtsabnahme deutlich erleichtern.

Neben Schlaf spielt auch die Ernährung bei der Entstehung von Insulinresistenz eine wichtige Rolle.

Hier erfährst Du mehr über Ernährung bei Insulinresistenz.

Quellen

  1. 1.
    Patel SR. Reduced sleep as an obesity risk factor. Obesity Reviews. Published online October 22, 2009:61-68. doi:10.1111/j.1467-789x.2009.00664.x
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    Hulsegge G, Proper KI, Loef B, Paagman H, Anema JR, van Mechelen W. The mediating role of lifestyle in the relationship between shift work, obesity and diabetes. Int Arch Occup Environ Health. Published online March 11, 2021. doi:10.1007/s00420-021-01662-6
  3. 3.
    Donga E, van Dijk M, van Dijk JG, et al. A Single Night of Partial Sleep Deprivation Induces Insulin Resistance in Multiple Metabolic Pathways in Healthy Subjects. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism. Published online June 1, 2010:2963-2968. doi:10.1210/jc.2009-2430
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  5. 5.
    So-ngern A, Chirakalwasan N, Saetung S, Chanprasertyothin S, Thakkinstian A, Reutrakul S. Effects of Two-Week Sleep Extension on Glucose Metabolism in Chronically Sleep-Deprived Individuals. Journal of Clinical Sleep Medicine. Published online May 15, 2019:711-718. doi:10.5664/jcsm.7758
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Dr. Sarah Neidler

Sarah ist promovierte Biologin und Gründerin von Clever essen. Dort zeigt sie ihren Lesern, wie sie mit Intervallfasten ihr Wunschgewicht erreichen und gesundheitliche Probleme in Angriff nehmen können. In ihrer Freizeit kocht und liest sie gerne und macht Yoga.

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