Insulinresistenz: Ursachen, Symptome und Behandlung durch Ernährung

Ein Löffel Zucker und eine Insulinspritze

Inhalt des Artikels

Insulinresistenz ist die Ursache chronischer Krankheiten und hat ihre Ursache in falschen Ernährungsgewohnheiten.

Hartnäckiges Bauchfett, Bluthochdruck, schlechte Blutfett- und Cholesterinwerte und erhöhter Blutzucker. Dies sind die Symptome des metabolischen Syndroms, unter dem 20 % der deutschen Erwachsenen leiden.​1​ Das ist jeder 5.

Metabolisches Syndrom wird durch Insulinresistenz verursacht. Bleibt es unbehandelt, ist das Risiko groß, dass sich daraus Diabetes Typ 2 entwickelt.​2​

8,7 Millionen Menschen in Deutschland haben (diagnostiziertes) Diabetes Typ 2. Weitere 2 Millionen haben Diabetes und wissen nichts davon.​3​

Auch wenn Insulinresistenz die Kernursache von Diabetes Typ 2 darstellt: Insulinresistenz führt nicht immer zu Diabetes. Oftmals sind die Blutzuckerwerte selbst bei fortgeschrittener Insulinresistenz vollkommen unauffällig.

Deswegen wird Insulinresistenz oft nicht ernst genommen und nicht diagnostiziert. Mit fatalen Folgen. Denn Insulinresistenz erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf- und viele andere Zivilisationskrankheiten.​4​

Warum ist Insulinresistenz so weit verbreitet? Wie richtet Insulinresistenz im Körper Schaden an? Und wie kann man eine Insulinresistenz rückgängig machen? Das alles erfährst Du in diesem Beitrag.

Was ist Insulin?

Fangen wir ganz vorne an. Du kennst Insulin sicherlich als blutzuckersenkendes Hormon, das Diabetiker spritzen, um ihren Blutzucker zu kontrollieren.

Wenn Du etwas isst, steigt der Blutzuckerspiegel an. Daraufhin schüttet die Bauchspeicheldrüse Insulin aus. Insulin sorgt dafür, dass die Zellen Zucker aus dem Blut aufnehmen. Dadurch sinkt der Blutzucker wieder.

Insulin erleichtert die Zuckeraufnahme, indem es an Rezeptoren bindet. Diese Rezeptoren kannst Du Dir vereinfacht wie Türen vorstellen. Insulin öffnet also die Tür der Zellen, sodass Zucker in die Zellen eintreten kann.

Aber Insulin macht noch viel mehr. Insulin ist ein anaboles, also ein aufbauendes Hormon. Es sorgt dafür, dass Zellen Energie aufnehmen und entweder verwenden oder speichern.

Mithilfe von Insulin nehmen Zellen also nicht nur Zucker aus dem Blut auf, es fördert auch die Aufnahme von Protein (Eiweiß), was z. B. beim Muskelaufbau von Bedeutung ist.

Insulin hat eine weitere wichtige Funktion, die insbesondere bei Insulinresistenz relevant ist: Es sorgt dafür, dass Fett gespeichert wird. Solange der Insulinspiegel erhöht ist, wird Fett gespeichert und nicht abgebaut.

Was ist eine Insulinresistenz?

Bei einer Insulinresistenz reagieren Zellen nicht mehr gut auf Insulin. Sie werden Insulin gegenüber unempfindlich. Man kann auch sagen, sie werden taub oder eben resistent.

Wenn Muskelzellen insulinresistent werden, nehmen sie den Zucker aus dem Blut nicht mehr gut auf, – selbst wenn beträchtliche Mengen Insulin im Blut sind. Das ist ein großes Problem. Denn ein hoher Blutzucker ist schädlich. Er verursacht unter anderem oxidativen Stress und Entzündungen.

Deswegen ist es außerordentlich wichtig, dass der Blutzucker nach einer Mahlzeit so schnell wie möglich wieder runterkommt.

Und was ist, wenn der Blutzucker trotz Insulin nicht sinkt? Dann muss mehr Insulin her. Die Zellen werden also mit einer geballten Ladung Insulin gezwungen, Zucker aus dem Blut aufzunehmen. Ob sie wollen oder nicht. Aus diesem Grund geht Insulinresistenz immer mit einem erhöhten Insulinspiegel einher.​5​ Man spricht auch von Hyperinsulinämie.

Insulinresistenz und ein hoher Insulinspiegel verstärken sich gegenseitig, wodurch ein Teufelskreis entsteht.

Hier gibt es jedoch ein weiteres Problem: Durch die großen Mengen Insulin wird die Insulinresistenz weiter verstärkt. Die Zellen reagieren also noch schlechter auf Insulin. Selbst mit großen Mengen Insulin ist der Blutzucker also immer noch zu hoch. Und jetzt? Es muss noch mehr Insulin her, was die Insulinresistenz noch mehr verstärkt. Ein wahrer Teufelskreis …

Um Dir zu erklären, warum ein hoher Insulinspiegel Insulinresistenz verstärkt, möchte ich mich gerne einer Metapher bedienen. Anhand der Metapher wird dann auch deutlich, wie man dem Teufelskreis entkommt.

Insulin: der nervige Nachbar

Um zu erklären, was Insulinresistenz ist, vergleiche ich Insulin gerne mit einem Nachbarn, der regelmäßig an die Tür klopft. Im Körper „klopft“ Insulin an die „Tür“ der Zellen und bittet sie, Zucker aus dem Blut aufzunehmen.

Stell Dir vor, dein Nachbar klopft ca. 2–3-mal täglich bei Dir an die Tür. Du findest das vielleicht manchmal etwas nervig, aber ich denke 2–3-mal täglich ist für die meisten Menschen tolerierbar.

Nun stell Dir vor, er steht plötzlich 5-mal täglich vor der Tür. Oder sogar stündlich. Auch wenn Du deinen Nachbarn eigentlich magst: Du hast tagsüber viel zu tun und möchtest nicht ständig unterbrochen werden.

Wie reagierst Du darauf? Du wirst wahrscheinlich aufhören, jedes Mal die Tür aufzumachen. Du drehst die Musik lauter und tust so, als ob Du das Klopfen nicht hörst. Was macht Dein Nachbar daraufhin? Er klopft lauter. Irgendwann klingelt er Sturm. Du machst mittlerweile gar nicht mehr die Tür auf. Du machst sie nur noch auf, wenn Du Angst hast, dass er Dir sonst die Tür einbricht.

So ähnlich ist das mit Insulin und den Zellen auch. Wenn der Insulinspiegel ständig erhöht ist, reagieren die Zellen nicht mehr so gut auf Insulin. Sie werden Insulin gegenüber resistent. Sie „sagen“: „Du, Insulin, ist ja schön, dass Du schon wieder mit einer Ladung Zucker vorbeikommst. Wir haben aber noch genug. Außerdem haben wir auch noch viele andere Sachen zu tun. Zum Beispiel Autophagie betreiben. Weil Du ständig klopfst, hat die schon seit Tagen nicht mehr richtig stattgefunden und es herrscht schon Chaos in der Zelle.“ Und sie machen die Schotten dicht.

Das Problem ist jedoch, dass ein hoher Blutzucker schädlich ist. Der Zucker kann nicht im Blut bleiben und muss irgendwo hin. Deswegen steigert der Körper als Antwort darauf die Insulinproduktion. Insulin klopft also lauter an die Zellen. Dies fördert die Insulinresistenz jedoch weiter. Irgendwann reagieren sie nur noch auf eine geballte Ladung Insulin, der sie nichts mehr entgegensetzen können.

Ursachen von Insulinresistenz

Insulinresistenz kann verschiedene Ursachen haben. Primäre Ursache in der heutigen Zeit ist eine stark kohlenhydratlastige Ernährung.

Wir nehmen Energie im Essen in Form von Makronährstoffen zu uns. Es gibt drei Makronährstoffe: Kohlenhydrate, Fett und Protein (Eiweiß). Kohlenhydrate lassen den Blutzucker- und Insulinspiegel mit Abstand am stärksten ansteigen. Eiweiß hat einen moderaten Einfluss auf den Insulinspiegel. Fett lässt den Blutzucker- und Insulinspiegel nicht ansteigen. Im Gegenteil: Es hilft, beides stabil zu halten.

Jedes Mal, wenn Du Kohlenhydrate isst, steigen also Dein Blutzucker- und Insulinspiegel an. Je nachdem, wie viele Kohlenhydrate Du isst und wie stark der Blutzucker ansteigt, kann es ein paar Stunden dauern, bis der Insulinspiegel wieder im Normalbereich ist.

Was passiert, wenn Du drei Hauptmahlzeiten isst und zwischendurch noch Snacks und Zwischenmahlzeiten? Du ahnst es vielleicht: Dein Insulinspiegel ist den ganzen Tag über erhöht.

Dein Nachbar klopft also ständig an die Tür. Kaum ist er weg, ist er auch schon wieder da. Falls er zwischendurch überhaupt nach Hause geht. Dies fördert unweigerlich Insulinresistenz. Meist entwickelt sie sich über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte. Deswegen stecken wir eine solche Ernährungsweise in jungen Jahren oft gut weg und bemerken die Folgen erst, wenn wir älter werden. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, wie lange es dauert, bis dadurch eine Insulinresistenz entsteht.

Weitere Ursachen von Insulinresistenz sind:

  • Überernährung: zu viel zu essen, fördert Insulinresistenz. Deswegen führt eine Gewichtsabnahme fast immer zu einer Verbesserung der Insulinresistenz. Insulinresistenz ist andersherum aber auch Ursache von Überernährung. Ein weiterer Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt.​6​
  • Bewegungsmangel: Aktive Muskeln machen Muskelzellen sensitiver gegenüber Insulin, wodurch sie leichter Zucker aus dem Blut aufnehmen.​7​
  • Stress: Chronischer Stress fördert Insulinresistenz.​8​
  • Schlafmangel: Schon eine einzige Nacht mit Schlafentzug kann am nächsten Tag die Insulinsensitivität mindern.​9​
  • Genetische Veranlagung: Bestimmte genetische Prädispositionen begünstigen Insulinresistenz.​10​
  • Ungesunde Fette: Industrielle Pflanzenöle, die reich an Omega-6-Fettsäuren sind, können Insulinresistenz fördern.​11​
  • Bestimmte Medikamente: Einige Medikamente, wie z. B. Glukokortikoide (zur Behandlung von Entzündungen) und Betablocker (zur Behandlung von Bluthochdruck), können die Insulinempfindlichkeit beeinträchtigen.​12,13​

Symptome: Daran erkennst Du eine Insulinresistenz

Da Insulin nicht nur den Blutzucker senkt, sondern auch ein Fettspeicherhormon ist, geht eine Insulinresistenz meist mit Übergewicht einher. Typisch ist hartnäckiges Bauchfett, das trotz Diät nicht schwinden will.

Außerdem äußert sich Insulinresistenz durch folgende Symptome:

In einem separaten Artikel erfährst Du mehr über die Symptome einer Insulinresistenz.

Möchtest Du wissen, ob Du von Insulinresistenz betroffen bist? Hier kommst Du zum Selbsttest.

Diagnose einer Insulinresistenz

Wenn Du bei Dir mehrere Symptome einer Insulinresistenz feststellst, solltest Du beim Arzt testen lassen, ob tatsächlich eine Insulinresistenz vorliegt.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Insulinresistenz zu diagnostizieren.

HOMA-Index

Bei Verdacht auf Insulinresistenz wird meist der HOMA-Index bestimmt. Er wird mithilfe der Nüchterzucker- und Nüchterninsulinwerte bestimmt:​14​

(Nüchtern-Insulin (µU/ml) * Nüchtern-Glukose (mg/dl)) / 405

Es herrscht allerdings Uneinigkeit darüber, ab welchem HOMA-Index eine Insulinresistenz vorliegt. Je höher der Wert, desto wahrscheinlicher eine Insulinresistenz. In Deutschland wird in der Regel bei einem Wert >2 eine Insulinresistenz diagnostiziert. Viele Experten sehen diesen Grenzwert jedoch als zu hoch an und einen Wert als ideal an, der nicht größer als 1 ist.

Nachteil des Homa-Index ist, dass er von einem Tag zum nächsten stark schwanken kann. Das Essen am Vortag kann sich auf die Nüchternwerte am nächsten Morgen auswirken.

Hier erfährst Du mehr über den HOMA-Index.

TG/HDL-Verhältnis

Das Verhältnis der Triglyceride zu HDL-Cholesterin wird zwar nicht offiziell zur Diagnose von Insulinresistenz herangezogen, ist aber trotzdem ein sehr guter Indikator. In einigen Studien konnte die Aussagekraft in Bezug auf Insulinresistenz gezeigt werden. Bei Triglyceriden und HDL-Cholesterin handelt es sich zudem um Standardmarker, die man bei jedem Hausarzt messen lassen kann.

Nüchtern-Triglyceride sollten idealerweise unter 100 mg/dl sein. Über 150 mg/dl ist eine Insulinresistenz wahrscheinlich.

HDL-Cholesterin sollte bei Männern mindestens bei 40 mg/dl liegen, bei Frauen bei 50 mg/dl. Ein Triglyceride/HDL-Verhältnis < 2 ist gut, ab 3 ist eine Insulinresistenz sehr wahrscheinlich.​15,16​ Das TG/HDL Verhältnis wird auch zusammen mit anderen Werten (Blutdruck, Taillenumfang, Nüchternblutzucker) zur Diagnose von metabolischem Syndrom herangezogen.

Oraler Glukosetoleranztest mit Insulin

Der orale Glukosetoleranztest (OGTT) ist ein Standardtest zur Diabetesdiagnose. Dabei trinkt man morgens nüchtern 75 g Glukose in 300 ml Wasser. Es wird der Nüchternblutzucker und der Blutzucker zwei Stunden nach dem Trinken der Glukoselösung bestimmt.

Zur Bestimmung von Insulinresistenz ist dieser Test jedoch wenig hilfreich. Denn er sagt nichts über die Insulinmengen aus, die benötigt werden, um den Blutzucker zu kontrollieren. Selbst bei fortgeschrittener Insulinresistenz ist der Blutzucker oft völlig unauffällig.

Um den Grad der Insulinresistenz zu bestimmen, muss neben dem Blutzucker auch das Insulin gemessen werden. In der Regel werden der Blutzucker, Insulinspiegel und C-Peptid im Nüchternzustand und an zwei Zeitpunkten nach dem Trinken der Glukoselösung gemessen: nach 60 und nach 120 Minuten. Das C-Peptid ist Teil einer Vorstufe von Insulin, dem Proinsulin-Peptid. Wenn das C-Peptid abgespalten wird, entsteht Insulin.

C-Peptid ist stabiler als Insulin (es hat eine längere Halbwertszeit) und ist daher bei der Messung weniger fehleranfällig als Insulin.

Referenzwerte:​17​

 NüchternNach 1 und 2 Std.
Insulin3 – 11 µU/ml< 60 µU/ml
C-Peptid0,8 -3,9 ng/ml2,7 – 5,7 ng/ml

Proinsulin

Proinsulin ist ein weiterer Marker, der bei der Diagnose von Insulinresistenz herangezogen werden kann. Es wird normalerweise fast vollständig in C-Peptid und Insulin gespalten. Bei einer Insulinresistenz geschieht dies nur unvollständig und das Proinsulin ist erhöht.

Referenzwert:​18​

< 7,31 pmol/l

QUICKI Index

Der QUICKI Index wird mithilfe der Nüchterninsulin- und Nüchternblutzuckerwerte bestimmt. Da er nicht nur auf Insulin, sondern auch auf Blutzucker beruht, dient er auch dazu, das Diabetesrisiko vorherzusagen. Bei einem sehr niedrigen QUICKI Index (< 0,3) ist Diabetes wahrscheinlich, was jedoch durch weitere Tests bestätigt werden muss.​19​

Der QUICKI Index wird durch folgende Formel bestimmt:

QUICKI = 1/(logI0 + logG0)

I0: Nüchterninsulin, G0: Nüchternblutzucker

Referenzwerte:

> 0,45: Insulinresistenz unwahrscheinlich

0,3 – 0,45: Insulinresistenz wahrscheinlich

< 0,339: Fortgeschrittene Insulinresistenz mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

< 0,3: Diabetes wahrscheinlich

Es gibt noch weitere Tests, mit denen sich die Insulinsensitivität messen lässt wie z. B. die euglykämische Insulin-Clamp und der McAuley Index. Diese werden jedoch in der Praxis sehr selten angewandt.

Die Folgen einer Insulinresistenz

Warum ist eine Insulinresistenz schädlich? Eine Folge, mit der viele Menschen mit Insulinresistenz zu kämpfen haben, ist Übergewicht. Warum ist das so?

Übergewicht

Insulin ist, wie gesagt, ein Fettspeicherhormon. Je mehr Insulin ausgeschüttet wird, desto länger dauert es, bis der Insulinspiegel wieder im Normalbereich ist. Wenn die Abstände zwischen den Mahlzeiten zu kurz sind, ist der Insulinspiegel fast nie im Normalbereich. Im fortgeschrittenen Stadium von Insulinresistenz ist der Insulinspiegel selbst nachts erhöht. Solange Insulin erhöht ist, kann der Körper nur sehr schwer auf Energiereserven zugreifen. Kein Wunder also, dass es mit einer Insulinresistenz so schwerfällt, abzunehmen, oder?

Sobald man ein gewisses Maß an Insulinresistenz erreicht, entsteht leicht ein Teufelskreis, wodurch die Insulinresistenz weiter verstärkt wird. Der hohe Insulinspiegel sorgt dafür, dass Energie gespeichert wird, und wir können auf unsere Energiereserven nicht zugreifen. Nur die Energie, die aus der Nahrung reinkommt, wird genutzt. Und aufgrund des hohen Insulinspiegels fällt der Blutzuckerspiegel nach dem Essen stark ab. Dies ist ein typischer Auslöser für Heißhunger. Deswegen fällt es mit Insulinresistenz sehr schwer, längere Essenspausen einzuhalten. Das ständige Essen verstärkt die Insulinresistenz jedoch weiter. Dadurch können wir noch schwerer auf gespeicherte Energie zugreifen und neigen noch mehr dazu, uns zu überessen, …

Insulinresistenz in der Leber – Ursache allen Übels

Die Muskelzellen sind die Hauptkonsumenten des Zuckers aus dem Essen. Werden sie insulinresistent, wird es schwierig für den Körper, den Blutzucker nach dem Essen wieder in den Normalbereich zu bekommen.

Die Leber kann hier zwischenzeitlich aushelfen. Alles, was die Muskeln nicht aufnehmen können, wird in der Leber in Form von Glykogen zwischengespeichert. Glykogen ist im Prinzip ein großes, verzweigtes Molekül, das aus aneinandergeketteten Glukosemolekülen besteht.

Glykogen kann der Körper bei Bedarf auch schnell wieder abbauen. So hält der Körper den Blutzuckerspiegel zwischen den Mahlzeiten aufrecht. Bei einem gesunden Menschen bleibt der Blutzucker also auch stabil, wenn man für viele Stunden nichts isst.

Dieser Kreislauf aus Glykogenaufbau und -abbau ist außerordentlich wichtig. Wird Glykogen aufgebaut, sollte es zumindest teilweise abgebaut werden, bevor wir es wieder aufbauen. Oder mit anderen Worten: Nach dem Essen sollten wir die Energie aus der Nahrung verbrauchen, bevor wir wieder etwas essen.

Was passiert, wenn wir das nicht machen? Das ist der erste Schritt in Richtung Insulinresistenz in der Leber. Von dort aus geht alles nur weiter bergab und wird immer schlimmer, wenn Du nichts unternimmst.

Denn die Energie, die in Form von Glykogen gespeichert werden kann, ist sehr begrenzt. Sie beträgt in etwa 2.000 kcal, also ca. 1 Tagesbedarf. Wenn die Glykogenspeicher über längere Zeit randvoll sind und nie geleert werden, wird ein Teil des Glykogens in Fett umgewandelt. Es kommt also zu einer Fettleber.

Das ist ein großes Problem, denn die Leber ist ein unglaublich wichtiges Stoffwechselorgan mit wichtigen Funktionen im Fett- und Zuckerstoffwechsel. Wenn sie Fett einlagert, kann sie diesen Aufgaben nicht mehr nachgehen. Dadurch kommt es zu schlechten Cholesterinwerten, insbesondere sinkt das „gute“ HDL-Cholesterin und Triglyceride (Blutfette) steigen an.

Fettleber ist die Ursache von Insulinresistenz und Diabetes Typ 2.

Außerdem fördert das Fett, das sich in der Leber und anderen inneren Organen einlagert, Entzündungen. Deswegen geht Insulinresistenz immer mit erhöhten Entzündungswerten einher und fördert chronische Entzündungen.

Chronische Entzündungen schaden dem ganzen Körper und sind der Hauptgrund, warum Insulinresistenz das Risiko für Zivilisationskrankheiten erhöht: Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Schlaganfall und Herzinfarkt), Autoimmunerkrankungen, Demenz, Krebs und mehr.

Schlechte Cholesterin- und Blutfettwerte werden also nicht durch zu viel Cholesterin und Fett in der Nahrung verursacht. Ursache sind ein gestörter Fett- und Zuckerstoffwechsel, die wiederum durch Insulinresistenz verursacht werden.

Blutwerte zur Beurteilung der Herz-Kreislauf-Gesundheit

Menschen mit Insulinresistenz haben schlechte Blutwerte. Meist bekommen sie von ihrem Arzt gesagt, dass ihr Cholesterinwert zu hoch sei. Dieser rät ihnen daraufhin, Cholesterin und Fett zu reduzieren, vor allem das „böse“ gesättigte Fett aus tierischen Lebensmitteln.

Bei dieser Diagnose und diesem Lösungsansatz gibt es mehrere Probleme. Weder ist erhöhtes Cholesterin das Problem, noch lässt es sich durch eine cholesterinarme Ernährung senken. Cholesterin ist für den Körper absolut essenziell. Es dient als Baustein für viele Hormone und ist wichtiger Bestandteil unserer Zellmembranen. Da Cholesterin so wichtig ist, fährt der Körper die eigene Cholesterinproduktion hoch, wenn wir nicht genügend Cholesterin durch die Nahrung zu uns nehmen.

Dass der Gesamt-Cholesterinwert wenig aussagekräftig ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Deswegen hört man immer öfters vom sogenannten „guten“ HDL-Cholesterin und vom „bösen“ LDL-Cholesterin.

Doch auch diese Unterscheidung ist viel zu stark vereinfacht. LDL-Cholesterin ist nicht generell problematisch. Hier gibt eine weitere Unterfraktion, das sogenannte VLDL-Cholesterin. Bei fortgeschrittener Insulinresistenz und Fett in der Leber setzt die Leber große Mengen VLDL-Cholesterin frei. Diese Cholesterin-Partikel sind sehr reich an Triglyceriden (deswegen steigen auch die Triglyceride im Blut an) und dem sogenannten Apolipoprotein B (kurz ApoB). ApoB ist ein sehr wichtiger Marker, wenn es um die Herz-Kreislauf-Gesundheit geht. Wenn Dein Arzt sagt, dass Deine Cholesterinwerte schlecht seien, solltest Du nach ApoB fragen. Auch Triglyceride und HDL-Cholesterin sind hilfreich.

Bei zu hohen ApoB-Werten ist das Risiko für Arteriosklerose stark erhöht. Es kommt zur sogenannten Plaque-Bildung in den Gefäßen und im schlimmsten Fall kommt es zum Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Wenn Du versuchst, deine Insulinresistenz zu verbessern, solltest Du diese drei Werte im Auge behalten:

Triglyceride: < 150 mg/dl, noch besser unter 100 mg/dl

HDL-Cholesterin: > 50 mg/dl bei Frauen, > 40 mg/dl bei Männern

TG/HDL-Verhältnis: < 3, noch besser < 2

ApoB: < 100 mg/dl

Bluthochdruck

Jeder dritte deutsche Erwachsene ist von Bluthochdruck betroffen. Das sind ca. 20 Millionen Erwachsene in Deutschland.​20​ Insulinresistenz ist die primäre Ursache von Bluthochdruck.

Aus diesem Grund steigt das Risiko für Bluthochdruck mit dem Alter: Zwischen 70 und 79 sind sogar 3 von 4 Menschen betroffen. Denn Insulinresistenz entsteht über Jahrzehnte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass man im hohen Alter Bluthochdruck haben muss oder dass man nichts mehr unternehmen kann. Man kann Insulinresistenz in jedem Alter entgegenwirken und rückgängig machen.

Wie verursacht Insulinresistenz Bluthochdruck?

Der Mechanismus ist ganz einfach. Die Niere reguliert den Blutdruck, indem sie mehr oder weniger Salz ausscheidet. Ist der Blutdruck etwas zu hoch, scheidet sie mehr Salz aus, wodurch der Blutdruck sinkt. Deswegen ist bei einem gesunden Menschen ohne Insulinresistenz der Blutdruck die meiste Zeit über stabil. Aus diesem Grund ist es normalerweise auch kein Problem, wenn man über die Nahrung relativ viel Salz zu sich nimmt. Die Niere scheidet dann einfach mehr Salz aus.

Bei Insulinresistenz funktioniert dieser Mechanismus jedoch nicht mehr. Denn ein hoher Insulinspiegel hemmt die Ausscheidung von Salz über die Nieren.​21​ Dadurch steigt die Salzkonzentration im Blut an. Durch das Salz nimmt das Blutvolumen zu und durch das hohe Blutvolumen steigt der Druck in den Blutgefäßen.

Menschen mit Bluthochdruck wird dann eine salzarme Ernährung empfohlen. Das ist genauso unsinnig, wie Cholesterin aus der Nahrung zu verbannen, um den Cholesterinspiegel zu senken. Denn es lässt die Ursache des Problems außer Acht: Die Insulinresistenz. Sobald die Insulinresistenz nachlässt, sinkt auch der Blutdruck.

Warum ist ein hoher Blutdruck schädlich?

Durch den hohen Druck werden die Blutgefäße geschädigt. Ist der Blutdruck nur mal kurzzeitig erhöht (z. B. beim Sport oder bei akutem Stress), ist das kein Problem. Ist er jedoch rund um die Uhr über Monate oder sogar Jahre hinweg erhöht, nehmen die Blutgefäße Schaden.

Sind die Innenseiten der Blutgefäße beschädigt, kommt es leicht zu Plaque-Bildung, Arteriosklerose und das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall ist stark erhöht.

Der Blutdruck lässt sich mithilfe von Medikamenten senken. Hier kommen vor allem ACE-Hemmer und Betablocker zum Einsatz. Auch wenn sich hierdurch die schlimmsten Schäden verhindern lassen: Medikamente haben immer Nebenwirkungen und die Ursache wird dadurch nicht beseitigt. Wenn Du Deinen Blutdruck langfristig unter Kontrolle bekommen möchtest, musst Du der Insulinresistenz entgegenwirken.

Insulinresistenz ist auch ohne erhöhten Blutzucker schädlich

Insulinresistenz wird meist viel zu spät diagnostiziert. Grund dafür ist der starke Fokus auf den Blutzucker. Solange diese nicht erhöht sind, ist laut Arzt meist „alles in Ordnung“. Man hört höchstens Mal als Nebenbemerkung, dass die Cholesterinwerte schlecht seien. Ohne nützlichen Rat, was man dagegen tun kann.

Ein zu hoher Blutzucker ist jedoch ein sehr spätes Symptom. Der Körper tut alles, um den Blutzucker im Normalbereich zu halten. Notfalls mit der 10- oder 15-fachen Menge an Insulin, die bei einem gesunden Menschen notwendig ist. Der Blutzucker ist also normal, aber nur selten wird geguckt, wie viel Insulin notwendig ist, um ihn im Normalbereich zu halten.

Das Problem: Insulinresistenz und der damit stark erhöhte Insulinspiegel richten massiven Schaden an. Übergewicht, Bluthochdruck und hohe Blutfettwerte (Triglyceride) sind erste Anzeichen.

Langfristig führt Insulinresistenz jedoch zu starken gesundheitlichen Problemen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellen eine akute Gefahr dar, da ein Schlaganfall oder Herzinfarkt im schlimmsten Fall tödlich enden können. Aber auch andere chronischen Erkrankungen wie Demenz, Krebs, Autoimmunerkrankungen werden durch Insulinresistenz begünstigt. Bei all diesen schwerwiegenden Folgen ist der Blutzucker oft vollkommen unauffällig.

Mit anderen Worten: Ja, Insulinresistenz ist die Ursache von Diabetes Typ 2. Insulinresistenz entsteht allerdings über viele Jahre hinweg und man kann über einen langen Zeitraum hochgradig insulinresistent sein, ohne Diabetes zu entwickeln. Trotzdem kann man an den Folgekrankheiten erkranken, die mit Diabetes Typ 2 (und Insulinresistenz) einhergehen.

Ein typisches Beispiel ist jemand, der scheinbar gesund ist und plötzlich einen Herzinfarkt erleidet. Natürlich war er nicht gesund, sondern hochgradig insulinresistent, was zu Arteriosklerose und letztendlich zum Herzinfarkt geführt hat. Die Insulinresistenz wurde nur leider nie festgestellt.

Übergewicht als Schutzmechanismus

Ich möchte hier noch ein wichtiges Thema ansprechen und dieser Abschnitt richtet sich in erster Linie an diejenigen, die keine Gewichtsprobleme haben.

Gewichtsprobleme sind meist die Hauptmotivation, etwas zu unternehmen. Wer die Ursachen von Übergewicht recherchiert, stößt bald auf das Thema Insulin und Insulinresistenz. Das ist nachvollziehbar: Denn ein hoher Insulinspiegel fördert die Speicherung von Fett, was das Abnehmen erschwert.

Allerdings ist das daraus entstehende Übergewicht auch ein Schutzmechanismus. Solange das Fettgewebe bereitwillig Fett aufnimmt, ist alles halb so schlimm. Problematisch wird es, wenn der Körper nicht mehr weiß, wo er die ganze Energie speichern soll. Denn dann bleiben nur noch die Leber und andere innere Organe. Was eine Fettleber an Schaden anrichtet, hast Du ja weiter oben gelernt.

Die Menge Fett, die ein Mensch im Fettgewebe speichern kann, ist sehr individuell. Es ist nicht gut verstanden, welche Faktoren dies beeinflussen. Es scheint hauptsächlich genetisch bestimmt zu sein. Manche Menschen werden einfach nie richtig übergewichtig, egal wie viel Junkfood sie in sich hineinstopfen.

Vorsicht, falls Du diese Menschen beneidest oder selbst zu ihnen gehörst: Das bedeutet, dass diese Menschen in ihrem Fettgewebe nicht viel Energie speichern können. Wenn sie trotzdem ohne Ende essen, ist die Gefahr groß, dass die überschüssige Energie in der Leber gespeichert wird. Ja genau: Man kann sehr schlank sein und trotzdem eine Fettleber haben. Man spricht hier auch von TOFI: Thin Outside, Fat Inside (Also außen dünn, innen fett). Aus diesem Grund gibt es auch schlanke Menschen mit Diabetes Typ 2, obwohl sie hochgradig insulinresistent sind.

Übergewicht kann uns also einerseits vor den schlimmsten Folgen einer Insulinresistenz schützen, andererseits animiert es viele Menschen dazu, etwas an ihrem Lebensstil zu ändern. Gefährlich ist hingegen, wenn man schlank ist und sich in falscher Sicherheit wiegt.

Insulinresistenz beheben

Vor ein paar Abschnitten haben wir Insulinresistenz mit geschlossenen Türen verglichen. Die Frage ist: Wie kann man die Zellen dazu bringen, die Türen wieder aufzumachen?

Erinnerst Du Dich an die Geschichte mit dem nervigen Nachbarn, der ständig klingelt? Stell Dir vor, Dein Nachbar fährt in den Urlaub. Endlich Ruhe! Nach ein paar Tagen wirst Du bestimmt auch wieder die Tür aufmachen, wenn es klingelt.

Fasten: Der Reset Knopf bei Insulinresistenz

Den Urlaub Deines Nachbarn kannst Du mit Fasten vergleichen. Sobald Du fastest, also keine Energie mehr von außen reinkommt, klopft Insulin nicht mehr an die Tür der Zellen.

Wenn Du fastest, ist Dein Körper gezwungen, an die Energiereserven zu gehen. Zunächst werden die Glykogenspeicher geleert. Da diese relativ bald erschöpft sind, geht es dann an das Fett in der Leber (falls eine Fettleber vorliegt).

Dieses Fett ist die größte Belastung für den Körper, daher will er es so schnell wie möglich loswerden. Die Leber ist, wie gesagt, unglaublich wichtig für den Zucker- und Fettstoffwechsel. Sobald das Fett weicht, kann sie „aufatmen“ und wieder ihren gewohnten Aufgaben nachgehen. In den meisten Fällen kann sie sich auch innerhalb kürzester Zeit wieder regenerieren, es bleiben also keine bleibenden Schäden.

Bei mehrtägigem Wasserfasten verbessert sich Insulinresistenz innerhalb weniger Tage. Innerhalb weniger Wochen kann die Insulinresistenz oftmals vollständig rückgängig gemacht werden. Wenn man danach nicht sofort wieder in alte Verhaltensmuster verfällt, sogar dauerhaft.

Erstaunlich, oder?

Fasten fällt allerdings mit Insulinresistenz sehr schwer. Denn beim Fasten sind wir darauf angewiesen, unsere Energiereserven zu nutzen. Durch den hohen Insulinspiegel ist dies jedoch nicht ohne Weiteres möglich. Deswegen sind großer Hunger und weitere unangenehme Nebenwirkungen vorprogrammiert. Bei gesunden Menschen lässt der Hunger meist nach wenigen Tagen nach. Mit fortgeschrittener Insulinresistenz kann dies jedoch deutlich länger dauern.

Aber selbst mit Insulinresistenz ist es nur eine Frage der Zeit, dass der Insulinspiegel weit genug sinkt, dass Energiereserven angezapft werden können. Und ist dieser Punkt einmal erreicht, ist das Schlimmste überstanden und der Teufelskreis durchbrochen.

Aber Vorsicht: Bei fortgeschrittener Insulinresistenz solltest Du nicht einfach auf eigene Faust für mehrere Tage fasten. Insbesondere wenn Du Medikamente einnimmst, muss Fasten ärztlich betreut werden. Es gibt Fastenkurse, die von erfahrenen Fastenleitern begleitet werden. Außerdem gibt es Fastenkliniken, in denen man beim Fasten professionell betreut wird. Dies ist mit erheblichen Kosten verbunden, wird aber bei offizieller Diagnose oftmals von den Krankenkassen erstattet (mehr dazu hier).

Intervallfasten: Kurzurlaub

Nicht jeder hat die Möglichkeit zum betreuten Fasten und manch einer schreckt davor zurück. Das ist absolut verständlich.

Es gibt noch weitere Möglichkeiten, mit denen Insulinresistenz sehr wirksam bekämpft werden kann. Es dauert etwas länger als mit mehrtägigem (oder mehrwöchigem) Fasten, aber sie sind trotzdem sehr effektiv.

Eine unglaublich gute Methode ist Intervallfasten.​22​ Aus genau diesem Grund bin ich ein so großer Fan davon. Es setzt an der Ursache von Übergewicht, Bluthochdruck und weiteren Beschwerden des metabolischen Syndroms an, verbessert dadurch die Gesundheit und das Wohlbefinden und senkt das Risiko für Zivilisationskrankheiten. Denn Kernursache all dieser Beschwerden ist Insulinresistenz. Und der kann man mit Intervallfasten sehr gut entgegenwirken.

Viele Menschen sehen Intervallfasten als Diät an. In der Tat eignet sich Intervallfasten sehr gut zum Abnehmen. Denn es senkt den Insulinspiegel und wirkt Insulinresistenz entgegen. Intervallfasten ist jedoch ein Lebensstil. Wenn Du es wie eine Diät angehst und nur auf Kalorien achtest, wirst Du davon nicht bestmöglich profitieren.

Falls Du nicht weißt, was Intervallfasten ist, hier eine kurze Definition: Wie der Name sagt, fastest Du in Intervallen, bei den meisten Methoden täglich. Zum Beispiel täglich für 16 Stunden (16/8 Methode). In den restlichen 8 Stunden nimmst Du 2-3 Mahlzeiten zu Dir. Beim Intervallfasten hast Du also täglich längere Essenspausen (hier erfährst Du mehr über Intervallfasten).

Und genau darauf kommt es an. In den Essenspausen geht der Körper an die Energiereserven. Dadurch wird der Teufelskreis aus immer weiter steigendem Insulinspiegel, der die Insulinresistenz weiter vorantreibt, durchbrochen. Der Insulinspiegel sinkt, dadurch kannst Du die Energiereserven anzapfen. Bald lässt die Insulinresistenz nach, wodurch der Insulinspiegel noch weiter sinkt. Dadurch kannst Du die Energiereserven noch leichter anzapfen, usw.

Intervallfasten ist bei Insulinresistenz eine große Herausforderung

Aber hier gibt es einen Haken: Intervallfasten fällt mit Insulinresistenz nicht leicht. Menschen mit Insulinresistenz sind es gewohnt, den ganzen Tag über fast ununterbrochen zu essen. Dies fördert die Insulinresistenz jedoch weiter und der einzige Ausweg ist, die Abstände zwischen den Mahlzeiten zu vergrößern und längere Essenspausen zu haben.

Deswegen solltest Du es mit Insulinresistenz langsam angehen. Von heute auf morgen für 16 Stunden zu fasten, ist vermutlich undenkbar. Du kannst anfangen, indem Du auf 3-4 Hauptmahlzeiten setzt und versuchst, auf Snacks und Zwischenmahlzeiten vollständig zu verzichten. Dazu zählt alles, was den Blutzucker- und Insulinspiegel erhöht, auch kalorienhaltige Getränke.

Zunächst nimmst Du diese Mahlzeiten vielleicht in einem Zeitraum von 12 oder 14 Stunden zu Dir. Das ist völlig in Ordnung. Nicht mehr zu Snacken ist schon ein riesiger Fortschritt, der Dich schnell weiterbringen wird.

Dann kannst Du den Essenszeitraum langsam verkleinern. Nach ein paar Wochen reichen Dir wahrscheinlich 3 Mahlzeiten in einem Zeitraum von 12 Stunden (12/12 Intervallfasten), dann in einem Zeitraum von 10 Stunden (14/10 Intervallfasten) und irgendwann auch 2 Mahlzeiten innerhalb von 8 Stunden (16/8 Intervallfasten).

Was musst Du beim Intervallfasten mit Insulinresistenz beachten?

Zunächst einmal solltest Du Deinen Arzt informieren, insbesondere wenn Du Medikamente einnimmst. Beispielsweise wirkt Intervallfasten stark blutdrucksenkend. Wenn Du Blutdruckmedikamente nimmst und die Dosis nicht reduzierst, kann er schnell gefährlich weit absinken.

Außerdem ist es sehr wichtig, auf den Körper zu hören. Intervallfasten ist nicht einfach bei Insulinresistenz und Du solltest mit Dir selbst nachsichtig sein. Sobald Du Unterzuckerungssymptome wie Schwindel, Zittern und Schweißausbrüche bemerkst, solltest Du etwas essen.

Generell solltest Du aber schon versuchen, die Zeiten zwischen den Mahlzeiten immer mehr zu verlängern. Auch wenn es schwerfällt. Das Intervallfasten wird Dir jedoch schnell leichter fallen. Denn mit jedem Tag, den Du durchhältst, verbessert sich Deine Insulinresistenz.

Kohlenhydratarme Ernährung (Low Carb)

Essenspausen sind also unglaublich effektiv, wenn es darum geht, Insulinresistenz rückgängig zu machen. Je länger, desto besser (Stichwort mehrtägiges Fasten). Aber auch kürzere Essenspausen, wie beim Intervallfasten, sind sehr effektiv. Insbesondere auf lange Sicht.

Allerdings kommt es nicht nur darauf an, wie oft Du isst, sondern auch, was Du isst.

Um auf den Vergleich mit dem Nachbarn zurückzukommen: Es macht einen großen Unterschied, ob er nur kurz klingelt und nach einer Minute wieder weg ist, oder ob er jedes Mal stundenlang bleibt.

Fisch und Gemüse

Genauso macht es einen Unterschied, ob der Insulinspiegel nach dem Essen nur leicht und für kurze Zeit ansteigt, oder ob er für viele Stunden erhöht ist.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Blutzucker- und Insulinanstieg nach einer Mahlzeit in Grenzen zu halten.

Eine Möglichkeit, von der Du sicherlich schon gehört hast, ist eine kohlenhydratarme Ernährung.​23​ Man spricht auch von Low Carb oder ketogener Ernährung (eine extreme Low Carb Ernährung mit sehr wenig Kohlenhydraten).

Warum ist Low Carb bei Insulinresistenz sinnvoll?

Ganz einfach: Kohlenhydrate lassen den Blutzucker- und Insulinspiegel am stärksten ansteigen. Wenn Du Kohlenhydrate reduzierst, produziert die Bauchspeicheldrüse weniger Insulin. Durch weniger Insulin wirkst Du der Insulinresistenz entgegen. Das weißt Du ja schon.

Low Carb und Intervallfasten wirken also auf ähnliche Art und Weise: Durch das Intervallfasten klingelt der Nachbar nur noch selten an die Tür, durch die wenigen Kohlenhydrate bleibt er nicht lange. Deswegen sind Low Carb und Intervallfasten in Kombination besonders wirkungsvoll bei Insulinresistenz. Ein unschlagbares Team.

Und Low Carb hat einen weiteren Vorteil: Es erleichtert das Intervallfasten ungemein, insbesondere bei Insulinresistenz. Denn bei Insulinresistenz werden nach einer Mahlzeit große Mengen Insulin ausgeschüttet. Dadurch fällt der Blutzucker einige Zeit nach dem Essen sehr stark ab. Sogar so weit, dass es zu Unterzuckerungssymptomen kommt. Dies ist ein typischer Auslöser für Heißhunger, was es unglaublich schwer macht, tagsüber für viele Stunden nichts zu essen.

Wenn Du mit der Mahlzeit nur wenig Kohlenhydrate zu Dir nimmst, steigt der Insulinspiegel jedoch längst nicht so stark an (selbst wenn Du insulinresistent bist). Folglich stürzt auch der Blutzucker nicht ab und der Heißhunger bleibt aus. Für mehrere Stunden nichts zu essen, fällt plötzlich deutlich leichter.

Alternativen zu Low Carb

Ich weiß, Low Carb ist nicht für jeden was. Viele Menschen möchten einfach nicht auf Nudeln, Brot und Kuchen verzichten. Das ist nachvollziehbar und dafür gibt es viele gute Gründe. Low Carb ist allein schon aus sozialen Gründen schwierig. Wenn alle anderen Pizza essen, möchte man selbst nicht verzichten.

Heißt das, dass Weißmehl bei Insulinresistenz tabu ist?

Nicht unbedingt. Oder anders ausgedrückt: Weißmehl und eine stark kohlenhydratlastige Ernährung sind bei Insulinresistenz alles andere als ideal. Zumindest zeitweise die Kohlenhydrate zu reduzieren und sich Low Carb zu ernähren, ist durchaus sinnvoll.

Andererseits heißt es aber auch nicht, dass man darauf vollständig verzichten muss. Wenn man einige Kleinigkeiten beachtet, kann man den Blutzucker- und Insulinanstieg durch Nudeln & Co stark verringern.

Im Wesentlichen geht es darum, die Kohlenhydrate mit anderen Lebensmitteln geschickt zu kombinieren. Gemüse, Fett, Eiweiß und auch Apfelessig haben einen starken Einfluss darauf, wie stark der Blutzucker- und Insulinspiegel durch Kohlenhydrate ansteigen.

Um zu erfahren, wie stark Dein Blutzucker bei verschiedenen Lebensmitteln und Lebensmittelkombinationen ansteigt, ist es hilfreich, für eine zeitlang einen kontinuierlichen Glukosemonitor zu tragen. Dieser hilft Dir dabei, Deine Ernährung individuell zu optimieren.

Hier erfährst Du mehr über kontinuierliche Glukosemessung.

Fazit: Ernährung ist der wichtigste Faktor bei Insulinresistenz

Insulinresistenz wird heutzutage in erster Linie durch ungesunde Ernährungsgewohnheiten verursacht. Primäre Ursache ist ein chronisch erhöhter Insulinspiegel: Bei einer kohlenhydratlastigen Ernährung ohne längere Essenspausen sind der Blutzucker- und Insulinspiegel fast rund um die Uhr erhöht. Dadurch hat der Körper keine Gelegenheit, an die Energiereserven zu gehen. Die Insulinresistenz schreitet voran, Übergewicht und andere gesundheitliche Probleme sind die Folgen.

Deswegen ist die Ernährung die wichtigste Stellschraube bei der Behandlung von Insulinresistenz. Längere Essenspausen (durch Fasten oder Intervallfasten) ermöglichen es, den Teufelskreis von Insulinresistenz und immer weiter steigenden Insulinspiegel zu durchbrechen. Auch eine Reduzierung der Kohlenhydrate kann sinnvoll sein, da dadurch der Insulinanstieg bei den Mahlzeiten stark verringert wird. Es ist jedoch nicht immer notwendig, die Kohlenhydrate stark einzuschränken. Auch eine geschickte Kombination mit Eiweiß, Fett und Gemüse kann schon viel bewirken.

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Dr. Sarah Neidler

Sarah ist promovierte Biologin und Gründerin von Clever essen. Dort zeigt sie ihren Lesern, wie sie mit Intervallfasten ihr Wunschgewicht erreichen und gesundheitliche Probleme in Angriff nehmen können. In ihrer Freizeit kocht und liest sie gerne und macht Yoga.

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