Dr. med. Detlef Pape hat das Schlank-im-Schlaf Programm entwickelt und ein Buch unter dem gleichen Namen veröffentlicht. Das Konzept erregte viel Aufsehen und verspricht eine kinderleichte Lösung für ernsthafte Gewichtsprobleme.
Obwohl das Konzept Schwächen aufweist und oftmals kritisiert wird, wird durch aktuelle Studien immer deutlicher, dass erholsamer Schlaf und ein gesunder Schlaf-wach-Rhythmus für ein gesundes Körpergewicht von enormer Bedeutung sind.
In diesem Artikel erfährst Du, wie sinnvoll das Schlank-im-Schlaf-Programm meiner Meinung nach ist, welche Stärken es aufweist und wo Verbesserungsbedarf besteht.
Das Schlank-im-Schlaf-Programm von Dr. Detlef Pape
Das Programm des Arztes und Erfolgsautors Dr. Detlef Pape ist im Prinzip sehr einfach: Dem Programm zufolge sollte man täglich 3 Mahlzeiten zu sich nehmen. Die Zeit zwischen den Mahlzeiten sollte mindestens 5 Stunden betragen und das Abendessen sollte zwischen 17 und 19 Uhr eingenommen werden. Der Abstand zwischen den Mahlzeiten ist wichtig, da in dieser Zeit der Blutzucker- und Insulinspiegel in den Normalbereich kommen können. Das erleichtert den Fettabbau, da dieser durch einen erhöhten Blutzucker- und Insulinspiegel gehemmt wird.
Aber auch die Zusammensetzung der Mahlzeiten ist im Schlank-im-Schlaf Programm von Bedeutung: Das Frühstück sollte vorwiegend aus Kohlenhydraten bestehen und möglichst wenig Fett und Eiweiß enthalten. Brot, Obst und Müsli wären also demnach ideal. Auf proteinreiche Lebensmittel wie Eier, Käse und andere Milchprodukte sollte verzichtet werden.
Beim Mittagsessen sollten alle 3 Makronährstoffe (Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß) kombiniert werden. Ein klassisches Mittagsessen, das auf Fleisch oder Fisch, Gemüse und einer Kohlenhydratbeilage wie Reis, Nudeln oder Kartoffeln besteht, wäre also ideal.
Beim Abendessen liegt der Fokus auf Eiweiß, Kohlenhydrate werden gemieden. Hier eignen sich also Fisch, Fleisch und Milchprodukte mit Gemüse oder Salat.
Wie sinnvoll ist das Schlank-im-Schlaf-Programm?
Das Schlank-im-Schlaf-Programm hat durchaus einige gute Ansätze. Allerdings beinhaltet es auch einige Punkte, die ich für kontraproduktiv halte. Aber der Reihe nach.
Sinnvolle Maßnahmen:
Folgenden Punkten stimme ich voll und ganz zu. Ich halte sie sehr sinnvoll für die Gewichtsabnahme:
Drei Hauptmahlzeiten ohne Snacks und Zwischenmahlzeiten
Die Idee, dass viele kleine Mahlzeiten gesünder sein sollen als wenige große, wurde in den letzten Jahren von offizieller Seite stark propagiert. Regelmäßiges Essen, ohne längere Pausen, soll Heißhunger vorbeugen und das Abnehmen erleichtern. Nach dem Motto: Wenn man sich schon kalorienarm ernährt und insgesamt nicht viel essen darf, muss man wenigstens nicht lange ohne Essen aushalten.
Der Lebensmittelindustrie kamen diese Empfehlungen natürlich entgegen: Sie hat dafür gesorgt, dass auch der Letzte davon erfährt. Denn mit vermeintlich gesunden Snacks lässt sich viel Geld verdienen und die Snackindustrie boomt.
Das war das Ende der traditionellen Essensweise mit Frühstück, Mittag- und Abendessen. Leider sind wir als Gesellschaft dadurch nicht schlanker und gesünder geworden – im Gegenteil.
Immer mehr Studien bestätigen mittlerweile, dass regelmäßiges Essen in kurzen Abständen tatsächlich kontraproduktiv ist. Das Gegenteil ist der Fall: Längere Essenspausen fördern die Stoffwechselgesundheit und erleichtern das Abnehmen. Diese Studien sind die Grundlagen für den „Hype“ rund ums Intervallfasten.
Bei 3 Mahlzeiten täglich ohne Snacks und Zwischenmahlzeiten handelt es sich zwar nicht um Intervallfasten im klassischen Sinne, aber es geht in die richtige Richtung. Der Verzicht auf Snacks und Zwischenmahlzeiten ist schon die halbe Miete und der im Schlank-im-Schlaf-Programm propagierte Essensrhythmus ähnelt stark der 12/12-Variante des Intervallfastens.
Studie: 3 versus 6 Mahlzeiten
Eine Studie ist in dem Zusammenhang besonders beeindruckend: Diabetespatienten (Typ 2) wurden zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt: Beide Gruppen aßen das Gleiche und die gleich Anzahl Kalorien pro Tag. In der einen Gruppe wurde das Essen allerdings auf 3 Mahlzeiten, bei der anderen Gruppe auf 6 Mahlzeiten aufgeteilt.
Auch hier enthielt das Frühstück am meisten Kohlenhydrate (50 % der täglichen Kohlenhydrate) und das Abendessen war kohlenhydratarm (10 % der täglichen Kohlenhydrate).
Die drei Mahlzeiten wurden in etwa in einem Zeitraum von 12 Stunden zugeführt: Frühstück vor 9:30, Mittagessen zwischen 12 und 15 Uhr und Abendessen zwischen 18 und 20 Uhr.
In der 6-Mahlzeitengruppe fielen die 3 Hauptmahlzeiten kleiner aus und sie nahm zusätzlich 3 Zwischenmahlzeiten zu sich: um 11, um 17 und um 22 Uhr.
Das Ergebnis innerhalb von 12 Wochen:
Die 3-Mahlzeiten-Gruppe
- verlor 5,4 kg Gewicht
- der HbA1c (Langzeitblutzucker) sank um 1,2 %
- der Nüchternblutzucker sank um 55 mg/dl
- die Insulindosis konnte um 26 Einheiten reduziert werden
Die 6 Mahlzeiten-Gruppe nahm hingegen an Gewicht zu und die Insulindosis musste erhöht werden.
Diese Studie verdeutlich also, dass sich mit 3 Mahlzeiten täglich und innerhalb kurzer Zeit beeindruckende Ergebnisse erzielen lassen. Auch der Verzicht auf Kohlenhydrate am Abend hat hier vermutlich eine Rolle gespielt.
Hier erfährst du mehr über die Studie.
Zeitpunkt des Abendessens
Auch ein frühes Abendessen (zwischen 17 und 19 Uhr) halte ich für sehr sinnvoll. Zu spätes Essen kann die Gewichtsabnahme behindern und ist aus verschiedenen Gründen ungesund:
- Der Körper kann den Blutzucker gegen Tagesende nicht mehr gut regulieren, da die Insulinsensitivität mit fortschreitender Uhrzeit stark nachlässt. Die Zellen werden also insulinresistent und es ist mehr Insulin notwendig, um den Blutzucker zu kontrollieren. Außerdem hemmt das Schlafhormon Melatonin die Insulinausschüttung. Am späten Abend wird also nicht mehr die Menge an Insulin produziert, die notwendig ist. Daher kann ein spätes (kohlenhydratreiches) Abendessen leicht dazu führen, dass der Blutzucker die ganze Nacht über erhöht ist. Du kannst dir sicherlich vorstellen, dass dies auf Dauer extrem gesundheitsschädlich ist.
- Der Schlaf wird durch zu spätes Essen beeinträchtigt: Du kennst das sicherlich: Wenn du kurz vor dem Schlafengehen zu viel isst, liegt dir das Essen wie ein Stein im Magen und du schläfst nicht gut. Ein voller Magen wirkt sich negativ auf die Schlafqualität aus. Deswegen sollte der Großteil der Mahlzeit verdaut sein, wenn du ins Bett gehst.
Wie schädlich zu spätes Essen ist, lässt sich gut in Intervallfastenstudien beobachten. Denn Intervallfasten ist eine sehr gute Methode, Insulinresistenz entgegenzuwirken. Deswegen fällt das Abnehmen mit Intervallfasten so leicht. Bei spätem schwerem Abendessen hat Intervallfasten allerdings den gegenteiligen Effekt: Insulinresistenz wird verstärkt.
Kohlenhydratarmes Abendessen
Wie im vorherigen Abschnitt erwähnt, nimmt die Insulinsensitivität gegen Tagesende ab. Dadurch nehmen die Zellen Zucker aus dem Blut nicht so gut auf wie zu früheren Tageszeiten. Da Kohlenhydrate den stärksten Effekt auf den Blutzuckerspiegel haben, kann es durchaus sinnvoll sein, die Kohlenhydrate abends zu reduzieren. Das heißt allerdings nicht, dass man darauf abends vollständig verzichten muss. Wie jemand auf Kohlenhydrate reagiert, ist sehr individuell. Und es kommt auch auf die Kombination mit anderen Lebensmitteln und Makronährstoffen an. So können Ballaststoffe, Eiweiß und Fett den Blutzuckeranstieg durch Kohlenhydrate deutlich verringern.
Wichtig ist allerdings, abends starke Blutzuckeranstiege zu vermeiden (über 30 mg/dl). Um zu sehen, wie der Blutzucker zu verschiedenen Tageszeiten auf unterschiedliche Lebensmittel reagiert, ist es hilfreich, für eine Zeit lang, einen Glukosesensor zu tragen, der rund um die Uhr den Blut- bzw. den Gewebezucker misst. Diese Sensoren wurden eigentlich für Diabetiker entwickelt, sind aber auch für gesunde Menschen unglaublich hilfreich! Insbesondere, wenn man abnehmen möchte und sich wundert, warum es so schwerfällt 😉 Dazu erfährst du mehr im Artikel Abnehmen ohne Kalorienzählen.
Maßnahmen, die meiner Meinung nach kontraproduktiv sind:
Folgende Punkte sehe ich kritisch:
Extremer Fokus auf Kohlenhydrate beim Frühstück ohne Fett und Eiweiß
Vormittags reagieren unsere Zellen am besten auf Insulin. Daher lässt sich der Blutzucker zu frühen Tageszeiten (außer früh morgens) am einfachsten regulieren: Der Blutzucker steigt nicht so stark an, wie wenn wir die gleiche Mahlzeit abends essen würden.
Aus diesem Grund macht es also durchaus Sinn, Kohlenhydrate eher in der 1 Tageshälfte zu verzehren (wie auch in der oben genannten Studie mit den Diabetespatienten).
Das bedeutet jedoch nicht, dass man zum Frühstück den Blutzucker mutwillig in die Höhe treiben sollte. Dies passiert jedoch, wenn man auf nüchternen Magen Kohlenhydrate ohne Fett und Eiweiß verzehrt. Ist der Magen leer, werden einfache Kohlenhydrate schnell in Zucker abgebaut, der sehr schnell ungehindert ins Blut gelangt.
Dadurch gerät man sehr leicht in eine Blutzuckerachterbahn, die es im Übrigen auch sehr schwer macht, für 5 Stunden oder länger nichts zu essen. Denn der Körper schüttet viel Insulin aus, um den Blutzucker schnell wieder in den Normalbereich zu bringen. Dadurch sinkt der Blutzucker oft zu stark ab, was ein typischer Auslöser für Heißhunger ist. Ein zu niedriger Blutzucker ist gefährlich, da unser Gehirn rund um die Uhr mit Zucker versorgt werden muss. Deshalb führt ein niedriger Blutzucker zu Heißhunger auf Süßes und einfache Kohlenhydrate, die den Blutzucker schnell wieder ansteigen lassen. Das hat nichts mit Willensschwäche zu tun, sondern ist eine normale physiologische Reaktion.
Aus diesem Grund sollte man Kohlenhydrate auch beim Frühstück mit Ballaststoffen, Fett und/oder Eiweiß kombinieren. Quark zum Müsli hilft beispielsweise, Blutzuckerspitzen und die beschriebene Blutzuckerachterbahn zu vermeiden.
In der wissenschaftlichen Literatur ist gut dokumentiert, dass ein eiweißreiches Frühstück sehr sättigend wirkt, was dazu führt, dass man für den Rest des Tages weniger Kalorien zu sich nimmt.1 Umgekehrt sinkt das Hungerhormon Ghrelin, was innerhalb von ein paar Wochen zu einem signifikanten Gewichtsverlust führt. Und das sogar bei Patienten mit Diabetes Typ 2, denen das Abnehmen normalerweise besonders schwerfällt. In einer hochwertigen, randomisierten Studie waren es im Schnitt immerhin 6,1 kg innerhalb von zwölf Wochen. Durch die Zugabe von Molkeprotein (Whey) waren es sogar 7,6 kg.2
Durch ein proteinreiches Frühstück würde sich auch die Gesamt-Proteinzufuhr erhöhen, womit wir zu meinem zweiten Kritikpunkt kommen.
Insgesamt zu wenig Eiweiß
Dr. Detlef Pape empfiehlt täglich 1 g Eiweiß pro kg Körpergewicht. Das ist zwar etwas mehr als die 0,8 g, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlen werden, ist aber laut vieler Experten trotzdem deutlich zu wenig. Für den Muskelerhalt sind täglich 1,3 g Eiweiß pro kg Körpergewicht empfehlenswert.3,4 Dies gilt insbesondere im fortschreitenden Alter, indem der Muskelaufbau und -erhalt immer schwieriger wird.5
Eine gute Eiweißzufuhr erleichtert das Abnehmen ungemein. Zum einen, weil Eiweiß im Vergleich zu Fett und Kohlenhydraten den stärksten Sättigungseffekt hat. Mit ausreichend Eiweiß fällt es also leichter, weniger Kalorien zu sich zu nehmen.
Und auch in Hinsicht auf den Muskelerhalt ist eine etwas höhere Eiweißzufuhr sinnvoll. Denn beim Abnehmen verliert man in der Regel nicht nur Fett, sondern auch Muskeln. Eine eiweißreiche Ernährung kann helfen, den Muskelabbau beim Abnehmen entgegenzuwirken.
Außerdem gilt: Je mehr Muskelmasse, desto leichter fällt das Abnehmen. Denn Muskeln erhöhen den Energieverbrauch – auch im Ruhezustand. Außerdem wird durch eine gesunde Muskelmasse die Blutzuckerregulation erleichtert, da Muskelzellen die Hauptkonsumenten des Blutzuckers sind. Und aktive Muskelzellen können Zucker aus dem Blut sogar ohne Insulin aufnehmen! Der Insulinspiegel bleibt also niedrig, wodurch die Fettreserven sehr viel leichter angezapft werden können.
Fazit: Es besteht Optimierungsbedarf
Ein gesunder Schlaf-wach-Rhythmus ist für einen gesunden Stoffwechsel sehr wichtig und kann das Abnehmen ungemein erleichtern. Dazu gehört auch das richtige Timing der Mahlzeiten. Das Abendessen ist von großer Bedeutung, da zu spätes Essen den Schlaf negativ beeinflussen kann. Auch was man abends isst, hat einen großen Einfluss, ein Abendessen, das den Blutzucker und Insulinspiegel in die Höhe treibt, eine Gewichtsabnahme deutlich erschwert.
Allerdings weist das Schlank-im-Schlaf-Programm von Dr. Detlef Pape auch einige Schwächen auf: Insgesamt empfiehlt er zu wenig Eiweiß, was insbesondere beim Frühstück problematisch ist.
In meinem ausführlichen Artikel über Abnehmen im Schlaf erfährst du mehr darüber, wie ausreichender Schlaf die Gewichtsabnahme erleichtert und wie du deinen Schlaf-wach-Rhythmus optimieren kannst, um deinem Wunschgewicht näher zu kommen.
Quellen
- 1.Qiu M, Zhang Y, Long Z, He Y. Effect of Protein-Rich Breakfast on Subsequent Energy Intake and Subjective Appetite in Children and Adolescents: Systematic Review and Meta–Analysis of Randomized Controlled Trials. Nutrients. Published online August 18, 2021:2840. doi:10.3390/nu13082840
- 2.Jakubowicz D, Wainstein J, Landau Z, et al. High-energy breakfast based on whey protein reduces body weight, postprandial glycemia and HbA 1C in Type 2 diabetes. The Journal of Nutritional Biochemistry. Published online November 2017:1-7. doi:10.1016/j.jnutbio.2017.07.005
- 3.Weiler M, Hertzler SR, Dvoretskiy S. Is It Time to Reconsider the U.S. Recommendations for Dietary Protein and Amino Acid Intake? Nutrients. Published online February 6, 2023:838. doi:10.3390/nu15040838
- 4.Tagawa R, Watanabe D, Ito K, et al. Synergistic Effect of Increased Total Protein Intake and Strength Training on Muscle Strength: A Dose-Response Meta-analysis of Randomized Controlled Trials. Sports Med – Open. Published online September 4, 2022. doi:10.1186/s40798-022-00508-w
- 5.Campbell WW, Deutz NEP, Volpi E, Apovian CM. Nutritional Interventions: Dietary Protein Needs and Influences on Skeletal Muscle of Older Adults. Lipsitz LA, ed. The Journals of Gerontology: Series A. Published online June 1, 2023:67-72. doi:10.1093/gerona/glad038